Historie

Reit- und Fahrverein Oberbachem e.V.

 

im Wandel der Zeiten

 

(Festschrift von Dr. Mathias Camp zum 50jährigen Jubiläum 1929 - 1979)

 

 

1929 - 1945

 

Schon im 12. und 13. Jahrhundert sind die bodenständigen Herrengeschlechter, die Burggrafen vom Drachenfels, sicher nicht ohne Pferde ausgekommen. Sie wechselten 1402 ihren Herrschaftssitz und zogen von ihrer Höhenburg über dem Rhein in die "Gudenau" bei Villip. Der Begriff "Drachenfelser Ländchen" für die Gemeinde Wachtberg war damit geprägt und hat Jahrhunderte überdauert. Auch die Pferde und damit der Ritter- oder Reitsport haben sich in diesem Gebiet über diese Zeitspanne behaupten können.

 

Schon immer haben Menschen, die in Ausübung ihres Berufes mit Pferden zu tun hatten, aus dem Alltag heraus ein gutes und enges Verhältnis zu ihren ständigen Begleitern gehabt. Zur feierlichen Gestaltung von Familienfesten wurde Pferde eingesetzt. Offiziere kamen auf Schützenfesten zu Pferde. Der Schützenkönig, oder auch das Brautpaar zur Trauung, wurden zwei- oder vierspännig gefahren. Der Landwirt ritt nach getaner Arbeit auf dem Felde heim. So liegt der Ursprung des Reit- und Fahrsports im "Drachenfelser Ländchen" in einer echten bäuerlichen Reiterei.

 

Nach dem ersten Weltkriege schlossen sich junge Leute mit gleichen Interessen auf verschiedensten Gebieten des Sportes zusammen, um in der Gemeinschaft eine Intensivierung und größere Breitenwirkung ihres Sportes verwirklichen zu können. Das waren auch die Motive derjenigen Männer, die 1929 den Reit- und Fahrverein Oberbachem gründeten. Die Initiative ging von Jean Höllen, Mehlem, und Anton Merzbach, Oberbachem, aus. Sie haben einige junge Freunde, Pferdehalter und Reitsportbegeisterte zu einer Zusammenkunft in die Gastwirtschaft Höllen zur Vereinsgründung eingeladen. Sie waren der Meinung, dass neben den Kaltblutpferden, als treue Helfer auf dem Hof, auch ein Warmblutpferd stehen sollte, welches neben der Arbeit als Kutsch- oder Reitpferd eingesetzt werden konnte. Auf dieser Versammlung wurde der erste Vorstand mit Jean Höllen als Vorsitzendem, Toni Höllen als Schriftführer und Rendant und Anton Merzbach als Reitlehrer gewählt.

 

Es war sicherlich ein schwerer Beginn, auf den die heutigen Reiter jedoch mit Recht stolz sein können. Erfreulich war die Tatsache, dass alle Gründungsmitglieder beritten waren. Es waren nicht nur elegante Reitpferde, sondern zur Not mussten auch die im Betrieb vorhandenen Kaltblüter oder Kreuzungsprodukte aus Kalt- und Warmblutpferden herhalten, was jedoch der Freude an der Reiterei absolut keinen Abbruch tat.

 

Die aus den Gründungsmitgliedern bestehende Abteilung ritt jeden Sonntagvormittag, damals schon auf der Halde der "Grube Laura", oder auf freiem Stoppelfeld; ein Dressurviereck war immer schnell gefunden, unter den scharfen Augen und strengen Kommandos des Reitlehrers Merzbach.

 

Man blieb jedoch nicht lange unter sich. In den Jahren 1929 bis 1932 nahm unter der zielbewußten Leitung des ersten Vorsitzenden und der ausgezeichneten Lehre des Herrn Merzbach die Mitgliederzahl ständig zu und die Reitabteilung einen unerwarteten Zulauf.

 

18 aktive Reiter wurden 1931 schon in 2 Abteilungen unterrichtet.

 

Diese aktiven Reiter der ersten Jahre haben den Reitsport im "Ländchen" volkstümlich gemacht, wie er es in den Nachkriegsjahren und insbesondere in den letzten Jahren geblieben ist.

 

Bekannte Namen tauchen in der Chronik auf, die z.T. auch heute noch im Mitgliederverzeichnis zu finden sind: Düren, Bad Godesberg, Abs, Berkum, Köllen, Ließem, von Wülfing, Berkum, Brienen, Lannesdorf, Broich, Ließem, Velten, Werthhoven, Schneider, Kürrighoven; damals junge Leute, deren Söhne und Töchter oder Enkelkinder bereits in der 3. Generation den Reitsport im Oberbachemer Verein pflegen.

 

Neben reitsportlicher Tätigkeit, Besuch von Turnieren in Rheinbach, Meckenheim und Bonn, Austragung von spannenden Fuchsjagden, wurde durch Peter und Mathias Düren das ein- und mehrspännige Fahren mit verschiedenen Anspannungen und Kutschen exerziert.

 

Aber auch das gesellige Leben kam in dieser Zeit nicht zu kurz. Besuche bei den Nachbarn, Sonntagsausritte nach Bonn, Bad Godesberg, Meckenheim und Rheinbach zu Nachbarvereinen und Reiterfreunden waren zur Pflege der Kameradschaft abwechslungsreiche Unternehmungen im Vereinsgeschehen. Es waren immer prächtige Reitererlebnisse. Damals kam es noch keinem in den Sinn, die Pferde zu verladen. Wenn man in Bonn, Meckenheim oder Rheinbach bis Mitternacht zusammen gewesen war, setzte man sich auf das Pferd oder auf den Kutschbock und ritt oder fuhr heim. Natürlich kam man dann erst am Morgen an, konnte gerade noch das Pferd versorgen, und dann ging es zur Arbeit.

 

Die Teilnahme am Karnevalszug bei den Stadtsoldaten war damals wie heute für einige Reiter eine Selbstverständlichkeit.

 

Alle Veranstaltungen endeten im Saale Höllen in Oberbachem. Hier traf man sich zum Tanz nach Turnieren oder anderen Festlichkeiten, zur Preisverteilung; Erinnerungen wurden ausgetauscht und nicht zuletzt aber auch Kritik geübt.

 

Man wollte jedoch weiterkommen, nicht nur auswärtige Turniere besuchen, sondern sich auch mit einem eigenen Turnier revanchieren können. Auch der Landes-Vorstand der ländlichen Reitervereine, dem der Verein Oberbachem beigetreten war, stellte die Forderung, "mehr kleine Turniere", in den Vordergrund seiner Arbeit. Man hatte erkannt, dass eine größtmögliche Förderung der ländlichen Reiterei dem Reitsport zu einem schnellen Durchbruch verhelfen könnte. Mit kleinen Turnieren wollte man dem Reiternachwuchs Gelegenheit geben, sein Können im reiterlichen Wettkampf zu erproben.

 

Für ein eigenes Turnier fehlten vorerst noch verschiedene Voraussetzungen. Insbesondere war der kleine Übungsplatz auf der Halde der "Grube Laura" nicht groß genug. Das Geläuf war auch zu hart und die Abhänge brachten machen Reiter in Gefahr. So begann man bereits 1932 mit der Anlage eines Turnierplatzes auf dem unteren Gelände der "Grube Laura". Die "Stollberger Zink AG" hatte damals das Gelände der stillgelegten Blei- und Zinkgrube dem Verein gegen eine geringe Gebühr zur Verfügung gestellt. Unermüdlich wurde hier gearbeitet, und in jeder freien Minute sah man die wackeren Oberbachemer Reitersmänner mit Hacke und Schaufel auf ihrem Platz. Wie die Chronik berichtet, beteiligten sich sogar Reiterfreunde aus der Umgebung an diesem Werk. Alle waren stets zur Stelle, wenn es galt, die Reiterei zu fördern, um möglichst bald das erste Turnier veranstalten zu können.

 

Im Herbst war man soweit. Das erste Turnier konnte am Sonntag, dem 22.09.1935, um 14 Uhr, anläßlich der Reitplatzeinweihung eröffnet werden. Eine glückliche Stunde für alle, die durch selbstlosen Einsatz und Opferbereitschaft die Möglichkeit einer Turnierveranstaltung verwirklicht hatten.

 

Das Turnier war ein voller Erfolg. Die Presse berichtete:

 

 

"Es ist erstaunlich, was der Reiterverein Oberbachem geleistet hat. Er hat sich

eine Reitanlage geschaffen, um die ihn mancher Reiterverein aus der Stadt

beneiden wird; sie ist mustergültig. Mit großer Liebe und Sorgfalt haben die

Oberbachemer dieses erste Turnier vorbereitet. Das schöne Wetter hat eine

Zuschauermenge angelockt, die das Ländchen wohl noch niemals bei einer

Sportlichen Veranstaltung zu verzeichnen hatte."

 

In den folgenden Jahren entwickelte der Verein weiterhin eine lebhafte sportliche Tätigkeit, die sich neben der intensiven Trainingsarbeit unter Reitlehrer Merzbach nicht nur in der Austragung von größeren Turnieren, insbesondere 1937 und 1938, erschöpfte, sondern es wurden interessante Fuchsjagden veranstaltet und fremde Turniere besucht. Die Pflege von Geselligkeit und Kameradschaft fand in Oberbachem zur Freude aller Mitglieder in verschiedensten Veranstaltungen im Laufe des Jahres ihren Niederschlag.

 

Während des 2. Weltkrieges kamen die Reiterei und der Vereinsbetrieb weitgehendst zum Erliegen; es wurden in dieser Zeit weder Veranstaltungen noch Versammlungen durchgeführt.